Discussion:
niederfrequentes, volles tock-tock-tock vs. klick-klick-klick bei anstossen des Glasbodens mit Metalllöffel
(zu alt für eine Antwort)
Rudolf Gelpke
2007-10-26 09:43:59 UTC
Permalink
Hallo liebe Gruppe,

ich suche nach einer Erklärung für ein mir unverständliches Phänomen,
mit dem ich mich konfrontiert sehe wann immer ich mir einen
Instant-"Cappuccino" zubereite:

Ich nehme ein Trinkglas (z.B. ein ca. 0,3 oder 0,4 Liter fassendes
dickwandiges Glas, wie es oft in Cafes verwendet wird um darin
Milchkaffee zu servieren -
Form: nahezu zylindrisch, Grundfläche rund, aufgrund der leicht nach
Außen geneigten Wand erweitert sich das Gefäß nach oben hin etwas.
Wanddicke: ca. 2 mm. (IIRC funktioniert dies aber auch mit z.B. einem
üblichen Becher aus Keramik).

Fülle ich ein derartiges Glas mit heißem Wasser und stoße mit einem
metallenen Löffel gegen den Glasboden (beim Umrühren), dann höre ich nur
ein klickendes Geräusch. Gebe ich nun aber ein ein
Instant-Cappuccino-Pulver zu [bestehend aus Süßmolkenpulver 63%,
löslichem Kaffee 18%, hydriertem Pflanzenfett, fettarmem Milchpulver,
Salz, Stabilisator E339 (TriNatriumPhosphat)] und rühre um, dann
verändert sich das Klopfgeräusch und klingt nun voll, resonant, tief,
ähnlich dem Klang einer reifen Wassermelone.

Und: der Klang ist umso "voller", desto größer die
Fließgeschwindigkeit/Turbulenz der Flüssigkeit ist.

Rühre ich also für einen Moment um (nachdem ich das Pulver hinzugefügt
habe) und klopfe anschließend (während sich die im Glas wirbelnde
Flüssigkeit wieder beruhigt) kontinuierlich gegen den Glasboden, dann
verändert sich auch der Klang kontinuierlich - beginnend mit einem
tiefen, resonanten "Tock" verliert der Klang zunehmend an Fülle und
Tiefe, bis er sich nach einigen zehn Sekunden zu einem eher
hochfrequenten "Klick" verflacht hat, ähnlich dem Geräusch das ein nur
mit Wasser (ohne Cappuccinopulver) gefülltes Glas verursacht.

Rühre ich erneut kräftig um, kann ich den Vorgang wiederholen.

Leider kenne ich mich nicht aus mit der hierzu gehörigen Physik -
Schwingungen in Festkörpern und (bewegten) Flüssigkeiten, Übertragung
der Schwingungen von der Gefäßwand auf die Flüssigkeit (Impedanz?) und
zurück und auf die Luft, etwaige Resonanz, nicht-homogene Flüssigkeit
(im heißen Getränk befinden sich - neben Zuckern, Salzen, und anderen im
Wasser gelösten Stoffen - auch Fetttropfen (Dispersion), außerdem
Proteine (kolloid dispers), das Süßmolkenpulver enthält vermutlich den
Emulgator Lecithin (verhindert das Ausrahmen bzw. Fettaugen)).

Da ich hier sehr ratlos bin, freue ich mich über jede Kritik, Ergänzung,
oder Bestätigung meiner oberflächlichen Beobachtungen. Besonders schön
wäre eine Erklärung des akustischen Phänomens.

Gruß, Rudolf
Hans Dull
2007-10-26 10:15:43 UTC
Permalink
Post by Rudolf Gelpke
[...]
Und: der Klang ist umso "voller", desto größer die
Fließgeschwindigkeit/Turbulenz der Flüssigkeit ist.
[...]
Verändert sich dabei die Oberfläche der Flüssigkeit zu einem nach innen
gestülpten "Kegel"? Mich erinnert das entfernt an einen Saxophon-Becher. Da
gilt dann ja, je länger der (geschlossene) Korpus, umso tiefer der Ton.
Natürlich kann ein Saxophonspieler die Tonhöhe auch mit andern Mitteln
variieren also sollte man diese Randbedingungen mal unverändert lassen.

Beim Saxophon schwingt im Wesentlichen die Luftsäule. Ich mutmaße mal, dass
zwei Körper bei gleichem Volumen und unterschiedlicher Länge respektive
Dicke unterschiedlich hoch klingen. Wenn durch das Rühren die Flüssigkeit
am Gefäßrand ansteigt wird der klingende Körper länger und könnte damit
höher klingen.

Oder die Luft in dem Trinkgefäß ist maßgeblich an der Klangerzeugung
beteiligt. Dann wäre das doch ähnlich wie bei einem Saxophon.

Letzteres erscheint mir am plausibelsten, da wir den Klang als Schall über
die Luft wahrnehmen.
--
Grüße ins Netz

Hans
Rudolf Gelpke
2007-10-26 12:29:25 UTC
Permalink
Post by Hans Dull
Post by Rudolf Gelpke
[...]
Und: der Klang ist umso "voller", desto größer die
Fließgeschwindigkeit/Turbulenz der Flüssigkeit ist.
[...]
Verändert sich dabei die Oberfläche der Flüssigkeit zu einem nach innen
gestülpten "Kegel"?
Ja, beim kreisförmigen Umrühren steigt der Flüssigkeitspegel am
Gefäßrand an und sinkt im Zentrum ab; es bildet sich ein Gradient aus.
Das kennen wir ja vermutlich alle.

Dieser Gradient ist hier aber - glaube ich - keine so wesentliche
Einflußgröße. Denn der tiefe, klangvolle Anteil am durch das Klopfen auf
den Gefäßboden ausgelösten Geräusch entsteht auch, wenn ich kreuz und
quer rühre und so mehr Turbulenz als zirkuläre Strömung erzeuge.

Ein Pegelgradient vom Rand zum Zentrum der Flüssigkeitsoberfläche
entsteht dabei nicht.

Gerade habe ich festgestellt, daß der Effekt auch bei Verwendung kleiner
zylindrischer Teegläser (ca. 0,2l, 1 mm Wandstärke) auftaucht.

Auch den Instantcappuccino kann ich austauschen gegen heiße Milch -
allerdings erziele ich mit Milch (3,5% Fett) keine ganz so große
Klangfülle wie mit dem Instantgebräu.

Ich habe den deutlichen Eindruck, daß das Klopfen umso klangvoller ist,
desto höher die Fließgeschwindigkeit der Flüssigkeit ist.

Außerdem dürften Dichte und Viskosität der Flüssigkeit eine Rolle
spielen (und die Temperatur beeinflußt die Viskosität deutlich - schon
lange finde ich interessant wie unterschiedlich es sich anhört, kaltes
oder heißes Wasser in einen Behälter zu gießen.).

Zum Umrühren verwende ich weiterhin einen Löffel, aber zum Anstoßen des
Glasbodens benutze ich nun einen dünnen Metallstab (der setzt der
strömenden Flüssigkeit während der Klopfphase weniger Widerstand
entgegen, die gerichtete Strömung bleibt länger erhalten).

Der Klangfülle scheint über die Zeit umgekehrt ungefähr exponentiell
abzunehmen (d.h. während der ersten zehntel Sekunde nimmt die Fülle
stärker ab als während der zweiten zehntel Sekunde, etc., bis
schließlich kaum mehr eine Veränderung wahrnehmbar ist). Gerade während
der ersten paar Sekunden nach heftigem Umrühren ist ein deutlicher
Abfall der Fülle zu hören.

Übrigens halte ich das Gefäß beim klopfen immer an einem Henkel, es
steht also auf keinem Tisch. Ich weiß nicht, inwiefern das von Bedeutung
ist.
Post by Hans Dull
Letzteres erscheint mir am plausibelsten, da wir den Klang als Schall über
die Luft wahrnehmen.
Ich kann mir gut vorstellen, daß die Form der schwingenden Fläche einen
Einfluß auf die spektrale Verteilung von Resonanzen in der
darüberstehenden Luftsäule hat. Aber wenn die Oberflächenform der
einzige Faktor wäre, dann würde Wasser genauso klingen wie das
Instantzeugs und wie Milch. Aber das ist nicht der Fall. Jedenfalls nach
meiner Beobachtung. Probier es doch selbst mal aus.

Gruß
Rudolf
Hans Dull
2007-10-26 12:49:50 UTC
Permalink
Post by Rudolf Gelpke
Ja, beim kreisförmigen Umrühren steigt der Flüssigkeitspegel am
Gefäßrand an und sinkt im Zentrum ab; es bildet sich ein Gradient aus.
Das kennen wir ja vermutlich alle.
Jetzt, wo ich so drüber nachdenke, erinnert mich das entfernt an eine
Glocke. Alles zusammen wird man nur mittels Resonanzen lösen. An den
Übergängen werden Brechungen zu beobachten sein. Die Dichte wird ein
übriges tun, dennoch denk mal an das Modell einer Glocke.
--
Grüße ins Netz

Hans
Loading...